Die Podiumsteilnehmer (v.l.): Moderatorin Dr. Sandra Engle, VDMA productronica, Anna Laureen Lauven (Plasmatrat), Miriam Seidl (F&S Bondtec), Dr. Muriel Thomas (Heraeus Printed Electronics) und Helena van de Ven (ASMPT), diskutierten auf der productronica die wichtige Frage: „Wie können wir Frauen ermutigen, in die Elektronikindustrie einzusteigen?“

Die Podiumsteilnehmer (v.l.) Moderatorin Dr. Sandra Engle, VDMA productronic, Anna Laureen Lauven (Plasmatreat), Miriam Seidl (F&S Bondtec), Dr. Muriel Thomas (Heraeus Printed Electronics) und Helena van de Ven (ASMPT), diskutierten auf der productronica die wichtige Frage: „Wie können wir Frauen ermutigen, in die Elektronikindustrie einzusteigen?“ (Bild: Martin Large / Redaktion all-electronics.de)

Die (Elektronik)-Industrie stöhnt unter dem akuten Fachkräftemangel und kämpft zudem noch mit einem Nachwuchsproblem. Hinzu kommt, dass Frauen in der Branche anteilig unterrepräsentiert sind. Welche Möglichkeiten es gibt, dieses Potenzial zu heben, das war das Thema einer Podiumsdiskussion auf der productronica 2023 mit Helene van de Ven (ASMPT), Miriam Seidl (F&S Bondtec), Dr. Muriel Thomas (Heraeus Printed Electronics) und Anna Laureen Lauven (Plasmatreat), moderiert von Dr. Sandra Engle (VDMA). Dabei wurden zahlreiche Strategien diskutiert, um Frauen für diese dynamische Branche zu begeistern und langfristig zu binden.

Wie finden Frauen ihren Weg in die Elektronikindustrie?

Die Diskussionsteilnehmerinnen beleuchteten ihre individuellen Wege in die Elektronik, von unerwarteten Wendungen bis hin zu gezielten Bildungsentscheidungen. Miriam Seidl betonte beispielsweise die Rolle des österreichischen Schulsystems, das schon früh Interesse für Elektronik weckt. Dies sieht sie als einen der Erfolgsfaktoren warum sie es geschafft hat, in ihrer Rolle als HR Managerin den Frauenanteil bei F&S Bondtec auf über 30 Prozent zu bringen. Anne Laureen Lauven erzählte von ihrer Entdeckung der Branche durch ihre Arbeit bei Plasmatreat. Helene van de Ven und Dr. Muriel Thomas berichteten über ihre Erfahrungen in Japan bzw. Singapur und betonten, wie diese internationalen Erlebnisse ihre Karrieren bereichert haben. Etwa habe Dr. Muriel Thomas die Mentalität der asiatischen Länder viel besser verstanden, wo schließlich ein Großteil der Elektronik gefertigt wird.

Ein Thema war auch das Image der Elektronikindustrie in der Gesellschaft. Miriam Seidl sprach von einem traditionellen Image, das nicht unbedingt schlecht sein müsse, aber einen "Mental Shift" erfordere. So würde ein Junge in seiner Entscheidung für eine Ausbildung auf einer technischen Schule bestärkt, während dies bei Mädchen immer hinterfragt werden.

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Mit großem Interesse verfolgte das Publikum die Podiumsdiskussion auf der productronica. Auffällig war der hohe Frauenanteil (im Vergleich zum sonstigen Verhältnis auf der Messe). (Bild: Martin Large / Redaktion all-electronics.de)

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Frau sitzt vor einem Monitor und schaut ein Leiterplatten-Layout. Ein Mann schaut mit ihr zusammen auf den Bildschirm

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Welche Maßnahmen braucht es, um Frauen in die Elektronikbranche zu bekomme und zu halten?

Die Teilnehmerinnen waren sich einig, dass Unternehmen klare Karrierepfade und Rollenvorbilder brauchen, um Frauen zu gewinnen und zu halten. Eine Maßnahme sind laut Seidl bereits die Stellenanzeigen. Seien diese zu unspezifisch, hätten Frauen mehr Bedenken, sich darauf zu bewerben. Männer sei es tendenziell eher egal, ob sie die vagen Anforderungen erfüllen oder nicht. Dr. Sandra Engle unterstützt diese Aussagen, da die VDMA-Studie "Ingenieurinnen im Maschinen- und Anlagenbau: Frauen für technische Berufe gewinnen und halten" zu demselben Ergebnis kam.

Anna Laureen Lauven berichtet von ihrer Mutter, einer Ärztin, die für sie ein Vorbild ist. Dies habe ihr geholfen, ihren eigenen Weg zu gehen. Sie habe aber in Vorstellungsgesprächen schnell gemerkt, dass ihr Bild von einer starken Frau nicht mit dem der Männer übereinstimmt. So hat sie ein Personalverantwortlicher mal gefragt, ob ihre Mutter denn wirklich arbeite müsse als Frau. Sie selbst hat zur Zeit eine Praktikantin, die sie ermuntert, ihren Weg in der Elektronikindustrie zu gehen. Dabei hat Anna gemerkt, dass wenn ihre Praktikantin ihre Erfolge feiert, wie das ihr Selbstvertrauen immer mehr steigert. Beispielsweise, wenn sie Besuchern am Stand die Technik von Plasmatreat erklärt.

Darüber hinaus wurde die Bedeutung von Netzwerken speziell für Frauen hervorgehoben, wie es zum Beispiel Helene van de Ven  innerhalb ihres Unternehmens gründete. Dies gibt  weiblichen Angestellten die Möglichkeit gibt, sich zu vernetzen. Das habe auch dazu geführt, dass Frauen bewusst wurde, wie viele Frauen eigentlich im Unternehmen arbeiten und wie sich gegenseitig unterstützen können.

Dr. Muriel Thomas ging zudem generell auf das Thema Nachwuchs ein. Die junge Generation sucht immer mehr einen purpose, also einen Zweck, warum und für was sie arbeiten sollen. In der Medizin (Menschen helfen) oder dem Umweltsektor (Nachhaltigkeit) sei das einfach zu vermitteln. Die Elektronikindustrie sollte mehr viel mehr in den Vordergrund stellen, wie viel sie für die Menschheit auf den verschiedenen Ebenen heute und in Zukunft leistet. Auch den Spaß, den man in seinem Job haben kann, sollte mehr betont werden.

Zitat

"Es ist nicht das Geschlecht, sondern dein persönliches Interesse und deine Ausbildung, die dich in deinem Job großartig machen."

HR Managerin bei F&S Bondtec

Was können Frauen für ihre Karriere in der Elektronik tun?

Die Diskussion beleuchtete auch, wie wichtig Selbstbemächtigung und Sichtbarkeit sind. „Get a voice!“, so faste es Dr. Muriel Thomas kurz und bündig zusammen. Sie forderte Frauen auf, „nicht unsichtbar zu werden“. Dase sei eine tägliche proaktive Anstrengung. Sie sollten ihre Erfolge stolz präsentieren. Würden sie das nicht tun, würden sie für andere (männliche) Vertreter eben unsichtbar werden, wodurch ihnen Karrierechancen verwehrt würden, auch wenn sie diese eigentlich verdient hätten.

Anne Laureen Lauven betonte, dass Frauen ermutigt werden sollten, auch nach einer Familienpause in ihre Berufsfelder zurückzukehren. Schließlich hätten sie viel Geld und Zeit in ihre Ausbildung als Ingenieure gesteckt. Eine Traumvorstellung von ihr ist, dass sich Frauen nicht zwischen Kind und Karriere entscheiden müssten, sondern das beides parallel möglich sein sollte.

Ein wichtiges Thema in der Karriere ist das Gehalt: Für Gehaltsverhandlungen riet Muriel Thomas auch hier zu mehr Selbstbewusstsein. Sie rief zur Nutzung von Jobportalen sowie Netzwerken auf, um marktgerechte Gehälter zu erfahren. Ebenfalls empfahl sie Trainings für Frauen, um Verhandlungsfähigkeiten zu lernen und zu stärken.

Sollten sich Unternehmen außerdem fragen, wie Sie mehr Frauen für Ihr Unternehmen gewinnen können, sollten sie sie immer zuerst Ihre eigenen Annahmen reflektieren (z. B. Frauen bewerben sich nicht auf unsere Stellen, weil sie nicht interessiert sind). Idealerweise würden diese Mythen anhand von Daten entlarvt. Dabei sollte man dies Männern nicht eintrichtern, sondern sie müssten es am Ende selbst verstehen, um etwas zu verändern.

Fazit der Diskussion um mehr Frauen in der Elektronik

Die Diskussion endete auf einer positiven Note mit einem Aufruf zur Aktion, um die Elektronikbranche für Frauen noch attraktiver zu machen und so den Weg für zukünftige Generationen von Ingenieurinnen zu ebnen. Alle waren sich einig, dass es nicht den einen Weg gibt, um mehr Frauen für die Elektronikindustrie zu gewinnen. Vielmehr ist es eine Kombination aus Bildung, Unternehmenskultur, Vorbildern und einer offenen Kommunikation über die Möglichkeiten, die dieser Sektor bietet.

Aufgrund der Kürze der Diskussion, konnten nicht alle Aspekte des Themas behandelt werden. Beispielsweise wurden Ideen wie flexiblerer Arbeitszeiten, eine bessere Kinderbetreuung oder Job-Sharing kurz angerissen, aber nicht ausführlich diskutiert. Mit dem Thema Frauen in der (Elektronik)-Industrie könnte man sicher eine ganze Veranstaltung füllen – es ist mehr als verdient.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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