
Die Northvolt Ett Gigafactory in Skellefteå, Schweden: Ein zentrales Werk für die Batteriezellenproduktion, das aufgrund von Lieferengpässen und Produktionsverzögerungen unter Druck steht. Die geplante Kapazitätserhöhung auf 32 GWh bleibt vorerst aus, was Unsicherheiten und Herausforderungen für das Unternehmen mit sich bringt. (Bild: Northvolt)
Update, 09.01.2025: Northvolt-Aktionäre stimmen für Fortführung des Betriebs
Die Aktionäre des schwedischen Batterieherstellers Northvolt haben sich in einer Abstimmung für die Fortführung des Betriebs entschieden. Damit erhält das Unternehmen grünes Licht, um die laufende Restrukturierung unter dem Schutz des US-amerikanischen Chapter-11-Verfahrens voranzutreiben. Zum Zeitpunkt des Insolvenzschutzantrags im November beliefen sich die Schulden auf 5,8 Milliarden US-Dollar, während nur noch 30 Millionen US-Dollar an liquiden Mitteln verfügbar waren.
Zur Sicherung der finanziellen Basis strebt das Unternehmen eine Kapitalaufnahme zwischen 1 und 1,2 Milliarden US-Dollar an. Die Finanzierung soll durch eine Mischung aus neuen und bestehenden Investoren erfolgen, darunter strategische Partner. Gespräche mit möglichen Geldgebern laufen nach Unternehmensangaben weiterhin. Northvolt, dessen Anteilseigner unter anderem Volkswagen und Goldman Sachs umfassen, hat seit der Gründung 2016 über 10 Milliarden US-Dollar durch Eigenkapital, Kredite und öffentliche Fördermittel erhalten. Aktuell beschäftigt das Unternehmen rund 6.600 Mitarbeiter. Die Restrukturierung soll im ersten Quartal 2025 abgeschlossen werden.
Im Zuge der Restrukturierung hat Northvolt einige Projekte eingestellt oder veräußert. Auch die geplante neue Batteriefabrik in Heide, Deutschland, steht vor einer ungewissen Zukunft. Obwohl Northvolt Deutschland als eigenständige GmbH im November noch seine finanzielle Unabhängigkeit vom schwedischen Mutterkonzern betonte, dürfte es zu Verzögerungen bei dem subventionsgestützten Projekt kommen. Northvolt hatte zum Zeitpunkt der Insolvenzmeldung rund 6.600 Mitarbeiter in sieben Ländern. Das Unternehmen konzentriert sich derzeit auf die Skalierung der Produktion in Skellefteå. Ziel ist es, die Restrukturierung im ersten Quartal 2025 abzuschließen.
Update, 22.11.2024: Northvolt beantragt Gläubigerschutz; CEO tritt zurück
Northvolt hat in den USA Chapter 11 beantragt, um eine finanzielle Neuaufstellung vorzunehmen und sich langfristig wettbewerbsfähig aufzustellen. Gleichzeitig tritt Mitgründer und CEO Peter Carlsson nach über acht Jahren an der Spitze zurück.
Northvolt hat das Insolvenzverfahren nach Chapter 11 in den Vereinigten Staaten eingeleitet. Diese Maßnahme ermöglicht es dem Unternehmen, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen und gleichzeitig die Restrukturierung seiner Schulden unter gerichtlicher Aufsicht durchzuführen. Laut Northvolt soll dies dazu beitragen, die ambitionierten Wachstumspläne aufrechtzuerhalten und strategische Investitionen in Forschung und Entwicklung fortzuführen. Dieser Prozess ermöglicht Northvolt Zugang zu neuen Finanzierungsquellen, darunter etwa 145 Millionen US-Dollar in Barreserven. Außerdem hat sich einer von Northvolts bestehenden Kunden verpflichtet, 100 Millionen US-Dollar an neuer Finanzierung bereitzustellen, um die Geschäftstätigkeit von Northvolt zu unterstützen. Diese Finanzierung erfolgt in Form einer sogenannten "Debtor-in-Possession" (DIP)-Finanzierung, einer speziellen Art der Finanzierung für Unternehmen, die sich im Rahmen eines Chapter-11-Verfahrens umstrukturieren.
Parallel zur finanziellen Neuaufstellung gibt es eine Veränderung in der Führungsriege: Peter Carlsson, der Northvolt 2015 mitbegründete, wird seine Rolle als CEO niederlegen. Carlsson spielte eine zentrale Rolle beim Aufbau von Northvolt, das sich mit seinen nachhaltigen und lokal produzierten Batterien als Schlüsselakteur in der europäischen Energiewende positioniert hat. Er betonte, dass der Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen sei, um das Unternehmen in die nächste Entwicklungsphase zu führen. Wer seine Nachfolge antreten wird, ist derzeit noch nicht bekannt.
Northvolt, der als einer der führenden Hersteller von Batteriezellen in Europa galt, steht derzeit vor einer existenziellen Krise. Produktionsprobleme und Verzögerungen führten zur Stornierung eines Großauftrags von BMW im Wert von 2 Milliarden Euro. Zudem zeigen Qualitätsprobleme, dass das Unternehmen Schwierigkeiten hat, seine ehrgeizigen Expansionsziele zu erreichen.
Lieferengpässe und Produktionsverzögerungen bremsen Northvolt aus
Seit der Gründung 1996 hat Northvolt weltweit etwa 15 Milliarden US-Dollar an Fremd- und Eigenkapital aufgebracht und versucht, eine der saubersten und effizientesten Batterien für Elektrofahrzeuge zu entwickeln. Trotz dieses massiven Kapitalflusses steht Northvolt nun unter dem Druck, seine Produktion effizienter zu gestalten, da Lieferprobleme und Produktionsabfälle die Kosten in die Höhe getrieben haben. Ein weiteres Hindernis ist die hohe Abhängigkeit von chinesischen Lieferanten, insbesondere bei Rohstoffen, was Nordvolt inmitten geopolitischer Spannungen verwundbarer macht.
Die Produktionsverzögerungen in der schwedischen Gigafactory in Skellefteå, die als eines der Hauptwerke für die Batteriezellenproduktion gilt, haben den Weg für weitere Unsicherheiten geebnet. Ursprünglich war geplant, die Produktionskapazität schnell auf 32 GWh zu erhöhen, doch bisher hat Northvolt nur etwa 1 GWh an Batterien produziert, was weit unter den Erwartungen liegt. Diese Probleme führten nicht nur zur Stornierung von Aufträgen, sondern auch dazu, dass VW, einer der wichtigsten Investoren, eine interne Taskforce zur Bewertung der Situation eingerichtet hat.
Northvolt reagiert mit Finanzspritze und Stellenabbau
Um die finanzielle Stabilität zu gewährleisten, verhandelt Northvolt derzeit über eine Finanzspritze von 200 Millionen Euro, die von Investoren wie Goldman Sachs, den schwedischen Pensionsfonds AP und weiteren institutionellen Akteuren unterstützt werden könnte. Parallel dazu hat das Unternehmen eine globale Reduzierung der Belegschaft um etwa 20 % angekündigt, was rund 1.600 Arbeitsplätze betrifft, um die Kosten zu senken.
Auch die geplante Gigafactory in Heide, Deutschland, ist von Verzögerungen betroffen. Experten fordern staatliche Unterstützung, um das Projekt am Laufen zu halten, da es von strategischer Bedeutung für die europäische Energiesicherheit und die Batteriefertigung ist. Trotz dieser Schwierigkeiten bleibt Northvolt entschlossen, seine Rolle als europäischer Batteriezellhersteller zu behaupten. Das Unternehmen setzt nun auf eine gezielte Fokussierung seiner Aktivitäten, indem es die Entwicklung neuer Projekte verlangsamt und sich stattdessen auf die Optimierung der bestehenden Produktionsstätten konzentriert.
Finanzielle Stabilität und nachhaltige Lieferketten im Fokus
Die Sicherstellung der finanziellen Stabilität ist der Schlüssel zu Northvolts Zukunft. Mit rund 55 Milliarden Dollar an offenen Aufträgen von Automobilherstellern wie VW, Volvo und Scania bleibt das Unternehmen ein zentraler Akteur im globalen Batteriemarkt. Allerdings wird es entscheidend sein, die Produktionskapazitäten zu stabilisieren und die Lieferfähigkeit zu gewährleisten. Gleichzeitig muss Northvolt den Übergang zu nachhaltigeren und weniger von China abhängigen Lieferketten schaffen, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben.
Trotz aller Herausforderungen ist Northvolt weiterhin bestrebt, Europas Vorreiter in der Herstellung nachhaltiger Batteriezellen zu bleiben. Die kommenden Monate werden zeigen, ob das Unternehmen die finanziellen und operativen Herausforderungen meistern kann, um seine ehrgeizigen Pläne umzusetzen.
Branche in der Krise: Entlassungen, Kurzarbeit & Co. in der Übersicht
Die Elektronikbranche steht 2024 vor großen Herausforderungen: Zahlreiche Unternehmen wie ZF, Bosch und Intel haben massive Stellenkürzungen und Umstrukturierungen angekündigt. Von Entlassungen bis hin zur Kurzarbeit zeigen sich deutliche Auswirkungen der wirtschaftlichen Krise auf die gesamte Industrie. Hier eine Übersicht über die letzten Meldungen:
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