
Der Koalitionsvertrag setzt neue Impulse für Schlüsselbranchen: Mikroelektronik, Elektromobilität und Bürokratieabbau stehen im Zentrum der Industriepolitik. (Bild: KI-generiert)
Mit dem neuen Koalitionsvertrag legt die Bundesregierung die strategischen Leitplanken für die laufende Legislaturperiode fest – und setzt dabei starke industriepolitische Akzente. Besonders die Elektronik- und Automobilbranche stehen im Zentrum zahlreicher Maßnahmen, die Deutschlands Innovationskraft stärken und technologische Souveränität sichern sollen. Von der Förderung der Mikroelektronik über technologieoffene Mobilitätslösungen bis hin zum gezielten Bürokratieabbau: Der Koalitionsvertrag zeigt klare industriepolitische Ambitionen – und liefert zugleich konkrete Handlungsansätze, um zentrale Zukunftsfelder wie Künstliche Intelligenz, autonomes Fahren und Elektromobilität gezielt voranzubringen. Dieser Überblick fasst die relevanten Maßnahmen für beide Schlüsselbranchen kompakt zusammen.
Koalitionsvertrag: Was die Regierung plant
Die Elektronik-Branche im Koalitionsvertrag
Die Koalition hat klare Ambitionen, Deutschland als führenden Standort für Mikroelektronik auszubauen. Dies wird durch mehrere konkrete Maßnahmen untermauert:
- Förderung von Investitionen: Die Koalition wird weiterhin Investitionen im Rahmen des European Chips Act und des IPCEI-Rahmens (Important Projects of Common European Interest) fördern. Diese europäischen Initiativen zielen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Bereich der Halbleitertechnologie zu stärken.
- Vernetzung von Forschung, Fachkräften und Fertigung: Ein zentrales Ziel ist es, Forschung, Fachkräfte und Fertigung in der Mikroelektronik zusammenzudenken. Dies soll sicherstellen, dass Innovationen schnell in die Produktion überführt werden und qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.
- Kompetenzzentrum für Chipdesign: Es ist geplant, ein nationales Kompetenzzentrum für Chipdesign aufzubauen. Dieses Zentrum soll Expertise bündeln und die Entwicklung neuer Chiptechnologien in Deutschland vorantreiben.
- Schlüsselrolle für andere Industrien: Die Mikroelektronik wird als Schlüsseltechnologie für andere wichtige Industrien wie die Automobilindustrie angesehen. Fortschritte in der Mikroelektronik sind daher entscheidend für die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit dieser Branchen.
- Stärkung des Standorts: Insgesamt soll der Mikroelektronikstandort Deutschland gestärkt werden, um unabhängiger von globalen Lieferketten zu werden und eine führende Rolle in diesem strategisch wichtigen Sektor zu spielen.
Geplante Maßnahmen für die Automobilindustrie
Die Automobil- und Zulieferindustrie wird weiterhin als Schlüsselindustrie und Arbeitsplatzgarant für Deutschland betrachtet. Die Pläne der Koalition für diesen Sektor sind vielfältig und berücksichtigen sowohl die aktuellen Herausforderungen als auch die Notwendigkeit der Transformation:
- Technologieoffenheit: Die Koalition bekennt sich zu einer klaren Technologieoffenheit in der Automobilindustrie. Dies bedeutet, dass neben der Elektromobilität auch andere Antriebsformen und Technologien in Betracht gezogen und gefördert werden sollen.
- Abwehr von Strafzahlungen: Die Regierung will sich aktiv dafür einsetzen, Strafzahlungen aufgrund der Flottengrenzwerte abzuwehren. Dies deutet darauf hin, dass die Koalition die aktuellen CO2-Reduktionsziele kritisch sieht und möglicherweise auf eine Anpassung auf europäischer Ebene hinwirken möchte.
- Überprüfung der CO2-Ziele für Nutzfahrzeuge: Es wird eine Überprüfung der CO2-Reduktionsziele für schwere Nutzfahrzeuge und Trailer als vorzugswürdig erachtet.
- Förderung regionaler Transformations-Netzwerke: Die Förderung der regionalen Transformations-Netzwerke und -Hubs soll auch über das Jahr 2025 hinaus fortgeführt werden. Diese Netzwerke spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung des Strukturwandels in der Automobilindustrie.
- Herausforderungen und Chancen: Die Koalition erkennt die enormen strukturellen Herausforderungen an, vor denen die Automobilindustrie steht. Gleichzeitig ergeben sich durch die Notwendigkeit der Dekarbonisierung und die Fortschritte in der Digitalisierung auch erhebliche Chancen für Innovationen und neue Geschäftsmodelle.
- Industrielle KI stärken: Die industrielle Künstliche Intelligenz soll durch eine innovationsfreundliche Regulierung gestärkt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der Industrie zu verbessern. Die Automobilindustrie wird dabei als ein wichtiges Anwendungsfeld für KI gesehen.
- Zusammenarbeit in der Forschung: Die Koalition will die Kooperation von Hochschulen und außeruniversitärer Forschung mit Unternehmen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungsforschung, einschließlich Cybersicherheit und sicherer Infrastrukturen, gezielter ermöglichen. Dies könnte auch für sicherheitsrelevante Aspekte des autonomen Fahrens von Bedeutung sein.
- Leitmarkt für autonomes Fahren: Deutschland soll zum Leitmarkt für autonomes Fahren entwickelt werden. Dazu sollen mit den Ländern Modellregionen entwickelt und mitfinanziert werden.
Förderung bei der Elektromobilität
Während die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten grundsätzlich begrüßt wird, lehnt die Koalition eine pauschale gesetzliche Quote ausdrücklich ab. Stattdessen sollen Kaufanreize für E-Mobilität geschaffen werden.
Konkrete Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität:
- Steuerliche Begünstigung von Dienstwagen durch Anhebung der Bruttopreisgrenze für E-Fahrzeuge auf 100.000 Euro.
- Eine Sonderabschreibung für E-Fahrzeuge.
- Die Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis zum Jahr 2035.
- Ein Programm für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen aus Mitteln des EU-Klimasozialfonds zur gezielten Unterstützung des Umstiegs auf klimafreundliche Mobilität.
- Eine Förderung von Plug-In-Hybrid-Technologie (PHEVs) und Elektrofahrzeugen mit Range-Extender (EREV) sowie entsprechende Regulierung auf europäischer Ebene.
- Der beschleunigte Ausbau und die Sicherstellung der Finanzierung eines flächendeckenden Ladenetzes.
Schwerpunktthema: E-Mobility

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Digitalisierung als Querschnittsthema
Die Digitalisierung durchzieht alle Politikfelder und ist auch für Elektronik- und Automobilindustrie von strategischer Bedeutung. Ziel ist ein digital souveränes Deutschland, das technologische Abhängigkeiten reduziert und Schlüsseltechnologien entwickelt.
- Digitale Infrastruktur: Der flächendeckende Ausbau von Glasfaser (FTTH) bis in jede Wohnung sowie ein leistungsfähiger Mobilfunk sollen durch den Abbau bürokratischer Hürden beschleunigt werden.
- Deutschland als KI-Nation: Massive Investitionen in KI- und Cloud-Infrastrukturen sowie in die Verbindung von KI und Robotik sind geplant. Die industrielle KI wird gezielt gefördert.
- Digitale Verwaltung: Eine moderne, vernetzte und nutzerzentrierte Verwaltung soll weitgehend papierlos („digital only“) funktionieren. Der Staat soll verstärkt als Ankerkunde der digitalen Wirtschaft auftreten.
- Registermodernisierung und Datenpolitik: Durch ein Once-Only-Prinzip und vernetzte Bundesregister auf souveränen Cloudplattformen soll die Effizienz der Verwaltung gesteigert werden.
- Förderung von Schlüsseltechnologien: Neben KI stehen auch Quantentechnologien, Robotik, Photonik, IKT sowie Mikro- und Nanoelektronik im Fokus staatlicher Fördermaßnahmen.
Bürokratieabbau als Entlastung für Unternehmen
Ein zentrales politisches Ziel ist der spürbare Abbau bürokratischer Belastungen – vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
- Sofortprogramm Bürokratierückbau: Bis Ende 2025 sollen Melde- und Dokumentationspflichten sowie Bestellpflichten für Betriebsbeauftragte deutlich reduziert werden.
- Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes: Das LkSG soll ersetzt werden durch ein bürokratiearmes Gesetz zur internationalen Unternehmensverantwortung, das die EU-Richtlinie umsetzt. Die bisherige Berichtspflicht entfällt unmittelbar.
- Reduzierung von Berichtspflichten: Vor allem mittelständische Unternehmen sollen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung entlastet werden. Auch auf EU-Ebene wird eine Überprüfung bestehender Berichtspflichten angestrebt.
- Vereinfachte Genehmigungsverfahren: Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt und durch Regelungen wie Präqualifizierungen, Rahmengenehmigungen oder Genehmigungsfiktionen vereinfacht werden.
- One-Stop-Shop für Gründungen: Unternehmensgründungen sollen künftig vollständig digital innerhalb von 24 Stunden möglich sein. Auch notarielle Vorgänge sollen digitalisiert werden.
- Digitales Bürokratieportal: Ein zentrales Portal soll es Unternehmen ermöglichen, bürokratische Hürden zu melden und Vorschläge zur Vereinfachung einzureichen. Zusätzlich sollen Ministerien regelmäßige Praxischecks durchführen.
- Abbau von Dokumentationspflichten: Besonders in Branchen wie Handwerk, Gastronomie, Einzelhandel, Landwirtschaft und Hotellerie sollen unnötige Pflichten entfallen. Stattdessen soll stärker auf Sanktionierung bei Verstößen gesetzt werden.
- Zentrale Förderplattform: Fördermittel des Bundes sollen über eine zentrale, digitalisierte Plattform beantragt und bearbeitet werden können.
Der Koalitionsvertrag macht deutlich: Deutschland will nicht nur Industriestandort bleiben, sondern technologische Führungsansprüche formulieren – insbesondere in der Elektronik- und Automobilbranche. Die vorgestellten Maßnahmen greifen zentrale Herausforderungen auf, adressieren zugleich aber auch die Chancen der digitalen und ökologischen Transformation.
Entscheidend wird sein, wie konsequent die Vorhaben nun umgesetzt werden – und ob es gelingt, Bürokratieabbau, Förderung und regulatorische Anpassungen so miteinander zu verzahnen, dass Innovationen nicht nur angekündigt, sondern auch beschleunigt in die Praxis überführt werden. Für Unternehmen der Elektronik- und Mobilitätsindustrie ergibt sich daraus ein klares Signal: Wer jetzt in Zukunftstechnologien investiert, kann auf politische Rückendeckung zählen.
Das sind sehr große Vorhaben, die die Regierung plant, allerdings bleibt die Frage, wie diese ganzen Ausgaben bzw. Investitionen finanziert werden sollen. Im Koalitionsvertrag sind noch keine konkreten Summen erwähnt.
Der Autor: Martin Probst

Zunächst mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann in eine ganz andere Richtung gestartet, fand Martin Probst aber doch noch zum Fachjournalismus. Aus dem Motto „Irgendwas mit Medien“ entwickelte sich nach ein wenig Praxiserfahrungen während des Medienmanagement-Studiums schnell das Ziel in den Journalismus einzusteigen. Gepaart mit einer Affinität zu Internet und Internetkultur sowie einem Faible für Technik und Elektronik war der Schritt in den Fachjournalismus – sowohl Online als auch Print – ein leichter. Neben der Elektronik auch an Wirtschafts- und Finanzthemen sowie dem Zusammenspiel derer interessiert – manche Sachen wird man glücklicherweise nicht so einfach los. Ansonsten ist an ihn noch ein kleiner Geek verloren gegangen, denn alles was irgendwie mit Gaming, PCs, eSports, Comics, (Science)-Fiction etc. zu tun hat, ist bei ihm gut aufgehoben.