Historischer Schaltplan des Ford Model T mit Magnetzündung, Beleuchtung, Hupe, Generator und Startermotor

Der Schaltplan zeigt das erste serienmäßig produzierte elektrische System im Ford Model T – ein Meilenstein der Automobiltechnik und der Beginn einer Reise, die bis heute noch nicht abgeschlossen ist. (Bild: Screenshot aus dem Video "The Fascinating Evolution of Automotive Wiring" – https://www.youtube.com/watch?v=TOMH_DN33q4)

Was haben der Ford Model T, Crimpverbindungen und Hochvoltleitungen gemeinsam? Sie alle stehen für Etappen einer elektrisierenden Entwicklung: der Evolution der automobilen Bordnetze. Basierend auf dem Video „The Fascinating Evolution of Automotive Wiring“ vom YouTube-Kanal New Mind erklären wir, wie sich aus simplen Kabeln ein hochkomplexes Nervensystem für vernetzte Fahrzeuge entwickelt hat – und wie es weitergeht. Dabei wurde das etwa ein Jahr alte Video von der Community außergewöhnlich positiv aufgenommen. Zahlreiche Kommentierende, die sich selbst als Elektronikentwickler, Kabelbaum-Ingenieuren, Embedded-Experten und Diagnosetechniker bezeichnen, loben das Video als eine der präzisesten und anschaulichsten Darstellungen zum Thema.

Vom Magnetzünder zur Startbatterie: Die Anfänge im Ford Model T

Doch zurück zum Anfangsbild: Das Ford Model T war nicht nur ein Meilenstein der Massenmobilität, sondern auch Träger des ersten serienmäßigen Bordnetzes der Automobilgeschichte. Dieses bestand zunächst aus einem simplen Magnetzündsystem und wurde im Laufe der Jahre um Beleuchtung, Hupe, Batterie und Anlasser erweitert – ein Paradebeispiel für die evolutionäre Natur technischer Systeme. Die im Video gezeigte Entwicklung verdeutlicht, wie sich erste elektrische Komponenten nahtlos in mechanisch dominierte Fahrzeuge einfügten – der Startpunkt einer kontinuierlichen Komplexitätssteigerung. Besonders bemerkenswert ist, wie diese frühen Systeme trotz fehlender Normen und Standards funktionierten; oft improvisiert, aber erstaunlich effektiv.

Stoffummantelt und geschraubt: Kabeltechnik der Frühzeit

Frühe Fahrzeuge nutzten stoffummantelte Kupferlitzen mit Gummi- oder Lackimprägnierung: flexibel, aber anfällig für Feuchtigkeit, Abrieb und Alterung. Die Leiter waren meist als Litzen ausgeführt, um sie trotz fehlender Leitungsführung durch enge Bauräume verlegen zu können. Verbindungen wurden per Ringöse und Schraubverbindung realisiert, was eine hohe Ausfallquote durch Vibration, Hitzeeinwirkung und Materialermüdung mit sich brachte. Diese rudimentäre Technik war zwar einfach, stellte aber die damalige Ingenieurskunst vor reale Herausforderungen: Kurzschlüsse durch Öl und Feuchtigkeit waren häufig, ebenso wie gelöste Schrauben oder korrodierte Kontaktstellen. Alltägliche Ausfälle gehörten zur frühen Autonutzung schlicht dazu.

Gekrimpt statt gelötet: Der Fortschritt in der Verbindungstechnik

In den 1930er-Jahren ersetzten sogenannte Bullet- und Spade-Terminals sowie das Crimpen zunehmend die lötempfindlichen Schraubverbindungen. Diese neue Methode versprach nicht nur schnellere Produktion, sondern vor allem höhere Vibrationsfestigkeit und Zuverlässigkeit – ein entscheidender Schritt für die Serienfertigung. Das Video von New Mind verdeutlicht anschaulich, wie Crimpverbindungen durch ihren mechanischen Verbund von Leiter und Kontakt nicht nur langlebiger, sondern auch montagefreundlicher waren. Zusätzlich wurde durch das Einpressen der Isolierung ein effektiver Zugentlastungseffekt erzielt. Ein Detail, das für heutige Fahrzeuge immernoch ist.

Vom Flugzeug ins Auto: Standardisierte Rundsteckverbinder

Was in der Luftfahrt unter härtesten Bedingungen funktionierte, fand bald auch im Fahrzeugbau Anwendung: robuste, zylindrische Rundsteckverbinder mit Schraubkupplung und präziser Kontaktführung. Diese Entwicklungen begannen mit Canon-Steckverbindern aus der Filmindustrie und setzten sich über militärische Spezifikationen bis ins zivile Automobil durch. Die im Video gezeigten Explosionszeichnungen machen deutlich, wie durchdacht das Design war – von der Polarisation über die Kontaktverriegelung bis hin zur einfachen Wartbarkeit. Besonders beeindruckend ist die frühe Standardisierung. Bereits 1934 legte A-9534 als erster US-Militärstandard die Grundlagen für einheitliche Stecksysteme, gefolgt von WC-591, dem dominierenden Standard bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Ab 1949 definierte MIL-C-5015 den Aufbau robuster Rundsteckverbinder und ist bis heute ein Referenzpunkt im industriellen Umfeld.

Alle Infos zum Bordnetze im Automobil Kongress

Am 6. und 7. Mai 2025 wird Ludwigsburg zum Zentrum der Bordnetz-Expertise. Der internationale Kongress lockt mit brandaktuellen Themen, Innovationen und exklusiven Einblicken.
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Der 13. Kongress "Bordnetze im Automobil" wird am 6. bis 7. Mai 2025 in Ludwigsburg, stattfinden. Die Vorbereitungen sind bereits im Gange. Sind Sie gespannt? Registrieren Sie sich jetzt und sichern Sie sich Ihr Ticket. Mit dem Code "82510115-AE15" sparen Sie 15 % auf den regulären Preis.

Weitere Informationen zum Bordnetze im Automobil Kongress finden Sie hier sowie auf dem LinkedIn-Kanal.

Der Kunststoff kommt: Isolierwende durch PVC

Als nächstes Thema behandelt das Video den Vormarsch der Kunststoffe, allen voran PVC als Ersatz für Gummiisolierungen. PVC war leichter, robuster gegenüber Umwelteinflüssen und einfacher zu verarbeiten. Auch wenn es bei Kälte oder chemischer Belastung seine Grenzen hat. Seine Thermoplastizität erlaubte eine einfache Extrusion und das Beimischen von Additiven wie Flammhemmern und Weichmachern. Mit Kunststoffen wie Nylon oder Polyamid ließen sich zudem komplexe Steckverbinder formen, die dem Serienfahrzeugbau endlich ein preiswertes, mehrpoliges Verbindungssystem bescherten. Die damit mögliche Miniaturisierung war ein entscheidender Fortschritt in der Bordnetztechnik.

Die Geburtsstunde der Kabelbäume

In den 1950er- und 60er-Jahren explodierte die Zahl elektrischer Verbraucher im Fahrzeug: Radios, Klimaanlagen, Fensterheber. Aus der simplen Verdrahtung wurde ein Kabelbaum – ein eigenständiges technisches Subsystem mit wachsender planerischer Komplexität und thermischer Belastung. Erstmals kamen auch Strangpläne und Baugruppenzeichnungen zum Einsatz, um die aufwändigen Leitungssysteme zu dokumentieren. Zudem wurde zwischen Haupt- und Subkabelbäumen unterschieden. Ein Prinzip, das bis heute Bestand hat.

Vom Draht zum System: Der Aufstieg der Elektronik

Mit dem Einzug erster Halbleiter in Regler, Einspritzsysteme und Steuergeräte wuchs die Bedeutung der Fahrzeugelektronik rasant. Kabelbäume mussten nun auch digitale Signale sicher übertragen und gegen elektromagnetische Störungen abgeschirmt werden – eine neue technische Disziplin entstand. Das Video von New Mind zeigt eindrücklich, wie sich Materialien wie Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE) durchgesetzt haben, weil sie besonders dünnwandige, aber chemisch hochbeständige Isolierungen ermöglichten. Damit wurde es erstmals möglich, Signalleitungen platzsparend und EMV-optimiert in dichten Bündeln zu führen.

Digitale Netze und Datenautobahnen

Die Digitalisierung des Fahrzeugs brachte neue Anforderungen mit sich: Steuergeräte begannen miteinander zu kommunizieren – zunächst über serielle Protokolle, später über den CAN-Bus. Dieser von Dr. Siegfried Dais und Prof. Dr. Uwe Kiencke (Bosch) entwickelte Standard etablierte sich ab Mitte der 1990er als Rückgrat für die digitale Kommunikation im Fahrzeug. Mit LIN, MOST und Automotive Ethernet kamen weitere spezialisierte Netzwerke hinzu. Jedes hat seine spezifischen Eigenschaften hinsichtlich Bandbreite, Latenz, Fehlerdiagnose und EMV – die Herausforderung liegt in der intelligenten Kombination im Gesamtfahrzeug.

Hochvolt, Hochstrom, Hochkomplex: Die Ära der Elektromobilität

Mit dem Aufstieg von Hybrid- und Elektrofahrzeugen änderte sich das Bordnetz grundlegend: Hochvoltsysteme erforderten neue Sicherheitskonzepte, orangefarbene Spezialleitungen für Hochvolt, EMV-sichere Stecksysteme und spezielle Normen wie ISO 15118 für Ladeschnittstellen. Gleichzeitig werden Temperatur- und Spannungsüberwachung, Batterie-Management und bidirektionales Laden zu zentralen Themen. Das Video erläutert anschaulich, wie Pilotleitungen und Schirmkonzepte die Betriebssicherheit garantieren. Ein Bereich, in dem höchste Präzision gefragt ist.

Die Geschichte der automobilen Bordnetze ist ein Paradebeispiel technischer Evolution: Kleine Änderungen an Materialien, Methoden und Standards haben über Jahrzehnte hinweg die Grundlage für das heutige Hightech-Fahrzeug gelegt. Der Weg vom Kabel zum Kommunikationsnetz war lang, aber notwendig – denn Fahrzeuge werden zu datenverarbeitenden Plattformen auf Rädern oder wie das aktuelle Buzzword es nennt: Software defined vehice.

Blick nach vorn: Herausforderungen meistern, Zukunft gestalten

Die Geschichte zeigt, dass die Entwicklung des Bordnetzes nie stillgestanden hat. Und auch heute stehen die Bordnetze der Zukunft vor enormen Herausforderungen:

  • Wie lassen sich nachhaltige Kabelsysteme realisieren?
  • Welche neuen Architekturkonzepte setzen sich durch?
  • Wie kann die Produktion automatisiert und digitalisiert werden?
  • Und welche Standards braucht es, um Innovation effizient in Serie zu bringen?

Antworten auf diese und viele weitere Fragen liefert die 13. Internationale Konferenz „Bordnetze im Automobil“, die am 6. und 7. Mai 2025 im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg stattfindet. Hier treffen sich führende Köpfe aus Industrie, Wissenschaft und Entwicklung, um aktuelle Trends zu diskutieren und praxisnahe Lösungen vorzustellen. Hier geht es zur Anmeldung für 2025. Mit dem Rabattcode 82510115-AE15 sparen Sie 15% auf den regulären Preis.

Zentrale Themen der Konferenz 2025:

  • Nachhaltigkeit im Fahrzeug-Bordnetz
  • Niedervolt- und Hochvolt-Architekturen
  • Automatisierung der Bordnetz-Produktion
  • Digitalisierung der Entwicklungsprozesse
  • Standardisierung in der Bordnetztechnik

Mit dabei sind u. a.: BMW, Audi, Mercedes-Benz, Leoni, Komax, Vector Informatik, TE Connectivity, Yazaki, Sumitomo, Fraunhofer, Ford Otosan – sowie zahlreiche weitere OEMs, Zulieferer und Forschungsinstitute.

Eckdaten der Veranstaltung:

  • 6.–7. Mai 2025
  • Forum am Schlosspark, Ludwigsburg
  • Über 30 Vorträge aus Industrie und Forschung
  • Zwei Tage intensiver Wissensaustausch
  • Gemeinsames Abend-Event am 6. Mai

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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