Im Gespräch mit Bart Placklé, Vice President Automotive bei imec, wird deutlich, dass Chiplets ein entscheidender Faktor für eine neue, modulare Fahrzeugarchitektur sind. Sie ermöglichen eine flexible und kosteneffiziente Entwicklung leistungsfähiger Elektroniksysteme, insbesondere im Kontext softwaredefinierter Fahrzeuge. Doch es gibt noch einige Baustellen.

Im Gespräch mit Bart Placklé, Vice President Automotive bei imec, wird deutlich, dass Chiplets ein entscheidender Faktor für eine neue, modulare Fahrzeugarchitektur sind. Sie ermöglichen eine flexible und kosteneffiziente Entwicklung leistungsfähiger Elektroniksysteme, insbesondere im Kontext softwaredefinierter Fahrzeuge. Doch es gibt noch einige Baustellen. (Bild: imec)

Die technologische Komplexität moderner Fahrzeuge nimmt rasant zu – ob beim autonomen Fahren und Echtzeit-Sensorik oder bei intelligenten Innenraumkonzepten oder allgemein, dem Software-Defined Vehicle. Gleichzeitig geraten klassische monolithische Halbleiterarchitekturen zunehmend an ihre wirtschaftlichen und technologischen Grenzen.

Bart Placklé, Vice President Automotive bei imec, sieht in Chiplets die notwendige Antwort auf diese Herausforderung. Im Interview spricht er darüber, warum Chiplets mehr als nur ein kurzlebiger Trend sind, warum sich imec für Heilbronn als neuen Automotive-Standort entschieden hat und was Europa jetzt tun muss, um im globalen Wettbewerb nicht den Anschluss zu verlieren.

Im Interview mit Andy Heinig vom Fraunhofer IIS fiel sinngemäß der Satz „Nach der Euphorie bei Chiplets herrscht jetzt Realität.“ Wie sehen Sie das?

Bart Placklé: Der Bedarf an neuen, flexiblen Architekturen ist größer denn je. Chiplets sind keine Modeerscheinung – sie sind unausweichlich. Die Komplexität heutiger Fahrzeuge steigt exponentiell – KI, autonome Systeme, Infotainment. Gleichzeitig sind die Stückzahlen gering im Vergleich zum Smartphone-Markt. Man darf nicht vergessen: Wir bauen mit dem Auto das komplexeste Consumer-Produkt – solange wir keine vermenschlichten Roboter haben – und das muss trotzdem bezahlbar bleiben, obwohl die Volumina sinken. Das ist ökonomisch nicht mehr darstellbar mit klassischen SoCs.

Über den Interviewpartner

Bart Placklé ist Vice President of Automotive Technologies beim belgischen Forschungszentrum imec. Der studierte Telekommunikationsingenieur (Universität Hasselt und imec Leuven) verfügt außerdem über einen Abschluss in Executive Business Economics der KU Leuven. Seine Karriere begann Placklé bei Acunia, einem imec-Spin-off, wo er vom Silicon-Designer zum General Manager der Hardware-Sparte aufstieg. Ab 2004 prägte er bei Intel maßgeblich den Bereich In-Vehicle-Infotainment – zunächst als Chief Architect, später als Automotive CTO. Unter seiner Leitung entstanden fünf Generationen leistungsfähiger Automotive-Plattformen, die Intel zu einem Milliardenumsatz in diesem Segment führten. 2016 wurde er dafür mit dem Intel Achievement Award ausgezeichnet. Zuletzt war Placklé CTO von AXG Mobility-as-a-Service bei Intel. Seit 2023 ist er zurück bei imec und leitet dort als Vice President die Entwicklung neuer Chip- und Systemlösungen für die automobile Zukunft.

Was macht Chiplets hier zur Lösung?

Chiplets bieten uns die Möglichkeit, die wachsende Komplexität von Fahrzeugarchitekturen endlich wirtschaftlich in den Griff zu bekommen. Durch die Disaggregation, also die Aufteilung eines Systems-on-Chip in einzelne funktionale Bausteine, kann man sehr gezielt entscheiden: Welche Funktionen sind für mich als OEM oder Tier-1 strategisch wichtig und sollten individuell entwickelt werden? Und welche Module kann ich standardisiert zukaufen, ohne Differenzierung zu verlieren?

Dadurch lassen sich nicht nur die Entwicklungskosten senken, sondern auch der Innovationszyklus deutlich beschleunigen. Statt bei jeder neuen Fahrzeuggeneration ein gesamtes SoC neu aufzusetzen – was Jahre dauert und Milliarden kosten kann – tauscht man nur jene Chiplets aus, bei denen es echten Bedarf gibt: etwa für neue KI-Modelle, zusätzliche Rechenleistung oder neue Kommunikationsschnittstellen. Ein zentraler Punkt ist dabei, dass die verschiedenen Chiplets nahtlos miteinander kommunizieren können müssen – auch wenn sie von unterschiedlichen Anbietern stammen. Nur wenn die Komponenten auf Package-Ebene interoperabel sind, entsteht die nötige Flexibilität. Das macht das Gesamtsystem modular, skalierbar und besser beherrschbar – technologisch wie ökonomisch.

Und wie sieht das konkret aus?

Ganz konkret kann man sich ein modernes Fahrzeug-SoC als Baukastensystem vorstellen. Die Architektur wird in einzelne Chiplets aufgeteilt – zum Beispiel in Basisfunktionen wie IO-Handling, in einen CPU-Baustein, einen separaten GPU-Chiplet für die Grafik und einen dedizierten KI-Beschleuniger für neuronale Netze oder Sprachverarbeitung.

Und das Beste: Diese einzelnen Funktionen müssen nicht alle im modernsten Fertigungsprozess hergestellt werden. Ein Sicherheitsmodul etwa profitiert kaum von 2-nm-Technologie – hier reicht ein älterer, günstigerer Node. Für den KI-Beschleuniger dagegen ist ein fortschrittlicher Prozess essenziell. Dadurch vermeidet man unnötige Kosten, verbessert die Ausbeute und kann Ressourcen sehr viel effizienter einsetzen.

Hinzu kommt: Durch diese Modularisierung lassen sich Lebenszyklen entkoppeln. Sicherheitskritische Funktionen müssen vielleicht nur alle zehn Jahre überarbeitet werden – ein Sprachmodell oder eine Kamera-KI dagegen vielleicht jährlich. Mit monolithischen SoCs musste man bisher alles auf einmal neu validieren. Chiplets durchbrechen genau diese Limitierung.

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„Wenn du in einem monolithischen Design einen Fehler hast, verlierst du alles. Bei Chiplets nur das betroffene Teil.“

Chiplets auf dem Automobil-Elektronik Kongress 2025

Chiplets sind auch ein zentrales Thema auf dem diesjährigen Automobil-Elektronik Kongress: Bart Placklé diskutiert ihre Rolle in der zweiten großen Podiumsdiskussion „Computing Architectures of the Future“ am 25. Juni. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von NXP, Synopsys und RISC-V International geht es um die Zukunft skalierbarer Rechenarchitekturen im Fahrzeug.

Bereits am Vortag beleuchtet Jyotika Athavale (Synopsys) in ihrem Vortrag „Dependable Computing with Chiplets and AI in Automotive“ die Potenziale dieser modularen Technologie im Zusammenspiel mit KI. Hier die Agenda zum Nachlesen.

Wann rechnen Sie mit der Marktreife im Automobilbereich?

Wir sehen die ersten realistischen Anwendungen im hochwertigen Fahrzeugsegment, also dort, wo besonders viel Rechenleistung gefragt ist – etwa bei Level-3- oder Level-4-Funktionalität für autonomes Fahren oder bei besonders anspruchsvollen In-Cabin-Systemen. Genau in diesen Bereichen bieten Chiplets heute schon klare Vorteile.

Ein realistischer Start of Production liegt aus unserer Sicht rund um das Jahr 2030. Das klingt zunächst weit entfernt, aber die entscheidenden Architekturentscheidungen für Fahrzeuge, die 2028 oder 2029 auf den Markt kommen sollen, werden jetzt – im Jahr 2025 – getroffen. (Anm. d. Red.: zum Beispiel auf dem Automobil-Elektronik Kongress.) Das bedeutet: Die technologische Weichenstellung ist aktuell in vollem Gange.

Kürzlich hat das imec sich entschieden, in Deutschland, genauer in Heilbronn, ein Automotive-Chiplet-Zentrum zu gründen. Was waren die Gründe dafür?

An unserem Stammsitz in Leuven verfügen wir über eine der weltweit fortschrittlichsten Forschungseinrichtungen im Bereich Mikroelektronik. Dort haben wir die technologischen Grundlagen geschaffen – darunter eine eigene 2-Nanometer-Pilotlinie, mit der wir an der absoluten Spitze der Chipentwicklung arbeiten. Das heißt: Auf der reinen Technologieebene – also bei Materialien, Strukturierung, Integration – sind wir hervorragend aufgestellt.

Was uns jedoch fehlt, ist der nächste entscheidende Schritt: die Übersetzung dieser Technologien in konkrete, funktionsfähige Systeme, speziell für den Einsatz im Fahrzeug. Und genau hier kommt Heilbronn ins Spiel. Die Region bietet ein außergewöhnlich starkes Umfeld für Systemintegration mit einer Vielzahl an Unternehmen, die genau das leisten können: aus technologischen Bausteinen ein marktfähiges Produkt machen.

Hinzu kommt, dass der Talentpool vor Ort extrem hochwertig ist sowohl was Hardware- als auch Softwarekompetenz betrifft. Wir haben unsere Stellenausschreibungen geöffnet und waren wirklich überwältigt von der Qualität und Anzahl der Bewerbungen. Das hat uns in unserer Entscheidung bestärkt, hier einen Standort aufzubauen, der nicht nur Technologie implementiert, sondern auch Menschen ausbildet und vernetzt, um die nächste Generation von Automotive-Systemarchitekten hervorzubringen.

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„Die Industrie außerhalb von Automotive ist längst auf Chiplets umgestiegen – wir sind die Letzten, die es noch nicht getan haben.“

Was genau planen Sie in Heilbronn?

Wir bauen funktionale Referenzdesigns mit echten Chiplets. Es geht nicht nur um theoretische Kompatibilität, sondern um praxistaugliche Systeme – Bootzeiten, Safety-Verhalten, Integration. Wir entwickeln A-Samples, mit denen OEMs eigene Fahrpläne erstellen können. Ziel ist auch, mit Universitäten zusammenzuarbeiten, um die nächste Generation von Designern direkt mit KI-Werkzeugen auszubilden.

Welche Rolle spielt KI dabei?

Eine zentrale! Schon heute ist KI bei der Optimierung von Designs leistungsfähiger als klassische Methoden. In Heilbronn wollen wir mit EDA-Anbietern eng zusammenarbeiten, um neue Tools in realen Umgebungen zu testen. Es geht um Designzeitverkürzung, Effizienz – und letztlich auch um Kostenersparnis.

Sie erwähnten Interoperabilität – wie wichtig ist die Standardisierung?

Sie ist absolut essenziell. Wenn Chiplets im Automotive-Markt wirklich skalierbar und wirtschaftlich einsetzbar sein sollen, dann müssen sie herstellerübergreifend kompatibel sein. Es reicht nicht, dass ein OEM intern ein paar Bausteine kombiniert – wir brauchen einen offenen Marktplatz, in dem man Chiplets wie Module in einem Baukastensystem zusammenfügen kann: GPU von Anbieter A, CPU von Anbieter B, Safety-Controller von Anbieter C – und sie müssen trotzdem reibungslos miteinander kommunizieren.

Das funktioniert aber nur, wenn es klare, gemeinsam entwickelte Standards gibt – nicht nur auf physikalischer Ebene, sondern auch auf Protokoll- und Systemebene. Und genau daran arbeiten wir mit dem gesamten Ökosystem: mit OEMs, Tier-1s, Tier-2s, Forschungseinrichtungen und Tool-Anbietern. Das Ziel ist ein interoperabler Baukasten, mit dem sich künftige Fahrzeugplattformen flexibel und effizient aufbauen lassen.

In Heilbronn setzen wir diesen Anspruch in die Praxis um. Dort entwickeln wir nicht nur Spezifikationen, sondern auch funktionierende Referenzplattformen, die zeigen, dass Chiplets verschiedener Herkunft tatsächlich zusammenarbeiten – unter realen Bedingungen, mit echter Software und in sicherheitskritischen Umgebungen. Nur so entsteht das Vertrauen in die Technologie, das OEMs für Serienentscheidungen brauchen.

Weiten wir den Blick: Wie gehen andere Regionen mit dem Thema Chiplets um?

In Japan gibt es mit ASRA eine staatlich geförderte Initiative mit über 200 Mio. Euro, die Chiplets als Zukunftstechnologie verankert. In den USA dominieren vertikale Ansätze – große Anbieter entwickeln eigene Chiplet-Systeme. In China ist der Druck hoch: Wegen beschränktem Zugang zu modernsten Fertigungstechnologien bieten Chiplets eine Alternative – hier herrscht hoher Umsetzungswille.

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„Europa hat nicht zu wenig Ideen, sondern zu wenig Leute, die sie umsetzen können.“

Kurz & knapp erklärt: Chiplets in der Automobilindustrie

Was sind Chiplets und warum spielen sie im Automotive-Bereich eine Schlüsselrolle?

Chiplets sind modular aufgebaute Halbleiterbausteine, die in einem Gehäuse kombiniert werden. Sie ermöglichen es, unterschiedliche Funktionen (z. B. Rechenleistung, Speicher, Sensorik) flexibel und effizient zu integrieren. Für die Automobilindustrie sind sie essenziell, um Komplexität, Kosten und Entwicklungszeit moderner Steuergeräte zu reduzieren.

Welche Vorteile bieten Chiplet-Architekturen gegenüber monolithischen SoCs?

Chiplets erlauben eine heterogene Integration, was die Wiederverwendbarkeit von Komponenten, bessere Skalierbarkeit und höhere Ausbeute bei der Fertigung ermöglicht. Zudem lassen sich Funktionen auf unterschiedlichen Fertigungstechnologien realisieren. Das senkt Kosten und erhöht die Design-Flexibilität für Fahrzeughersteller.

Wie positioniert sich Europa im globalen Chiplet-Wettbewerb?

Europa verfügt über starke Kompetenzen in Systemintegration, Designmethodik und Automotive-Standards. Initiativen wie die IPCEI-Förderprogramme und die Ansiedlung von imec in Heilbronn stärken die Rolle Europas als Innovationsstandort. Dennoch bleibt die Abhängigkeit von asiatischen und US-amerikanischen Foundries eine Herausforderung.

Warum investiert imec in Heilbronn – und was ist das Ziel?

Heilbronn wird zum Zentrum für systemische Automotive-Integration ausgebaut. imec will dort gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung eine offene Plattform für Chiplet-Ökosysteme etablieren. Ziel ist es, skalierbare, standardisierte Lösungen für softwaredefinierte Fahrzeuge zu schaffen.

Welche Hürden bestehen bei der Etablierung von Chiplets im Automotive-Markt?

Herausforderungen liegen vor allem in fehlenden Standards, IP-Schnittstellen-Kompatibilität und in der Qualifizierung für den Einsatz im Fahrzeug. Auch die Integration in bestehende Lieferketten und Zertifizierungsprozesse ist komplex. Doch die Branche arbeitet bereits intensiv an Lösungen für interoperable Chiplet-Ökosysteme.

Wie sieht die Zukunft von Chiplet-Technologien in Fahrzeugen aus?

Die Nachfrage nach Rechenleistung in Fahrzeugen wächst rasant – etwa durch KI, Sensorfusion und zentrale Steuergeräte. Chiplets werden mittelfristig zur Schlüsseltechnologie für modulare, anpassbare Elektronikarchitekturen. Langfristig könnten sie sogar den heutigen SoC-Ansatz vollständig ablösen.

Und Europa?

Europa liegt dazwischen. Wir haben starke Akteure – OEMs, Zulieferer, Forschungseinrichtungen. Aber wir müssen besser zusammenarbeiten. Nur wenn OEMs, Tier-1s und Tier-2s gemeinsame Plattformen entwickeln, können wir wettbewerbsfähig bleiben. Silostrukturen würden uns zurückwerfen – und China würde die Lücke füllen.

Reichen die Mittel aus dem EU Chips Act dafür?

Es ist ein Anfang, aber kein Selbstläufer. Wir müssen kontinuierlich investieren – vor allem in Talente. Es fehlt an Frontend- und Backend-Designern, an Packaging-Ingenieuren. Und: Wir müssen Raum für technologische Experimente schaffen. Nicht jede Idee wird erfolgreich sein – aber ohne den Mut zu scheitern, gibt es keine Innovation.

Über ASRA

ASRA (Advanced SoC Research for Automotive) ist ein im Dezember 2023 gegründetes japanisches Industriekonsortium mit dem Ziel, Chiplet-basierte SoCs für Fahrzeuge zu entwickeln. Bis 2028 sollen standardisierte Designs entstehen, ab 2030 ist der Einsatz in Serienfahrzeugen geplant.

Zu den zwölf Gründungsmitgliedern zählen führende Unternehmen wie Toyota, Honda, Nissan, Denso, Renesas und Panasonic Automotive. Durch die Bündelung von Know-how aus der Automobil-, Halbleiter- und Softwarebranche will ASRA die technologische Souveränität Japans stärken, Entwicklungszeiten verkürzen und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China und den USA sichern.

Chiplets ermöglichen es, verschiedene Funktionen – etwa für KI, Sicherheit oder Infotainment – flexibel zu kombinieren und gezielt weiterzuentwickeln. Die japanische Regierung unterstützt ASRA mit Subventionen in Milliardenhöhe.

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„Wir wollen nicht das nächste Paper schreiben, sondern ein funktionierendes A-Sample auf den Tisch legen.“

Alles zur Automotive Computing Conference

Die Automotive Computing Conference konzentriert sich auf die Herausforderungen der Sicherheit, der funktionalen Sicherheit, der Cloud-Konnektivität und der zunehmenden Komplexität des Fahrzeugdesigns. Das Ziel ist es, traditionelle Ansätze zu revolutionieren und an die Bedürfnisse der Automobilindustrie anzupassen. Hochkarätige Referenten werden am 13. und 14. November 2025 in München in die Welt des Automotive High Performance Computing eintauchen und ein breites Spektrum an Aspekten abdecken.

Weitere Infos zur Automotive Computing Conference gibt es hier oder auf dem LinkedIn-Kanal.

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Zudem gab es 2025 auch die 2. ACC in Amerika, die dritte folgt am 25. und 26. März 2024 in Detroit.

Und was ist mit der Packaging-Infrastruktur, brauchen wir in Europa mehr davon?

Ja, ja und ja. Hier besteht akuter Handlungsbedarf. Wenn Chiplets das neue Normal werden sollen, ist Packaging keine Nebensache – sondern der entscheidende Integrationsschritt. Europa braucht dringend eigene Kapazitäten, um nicht abhängig zu bleiben.

Zum Abschluss: Welche Frage wird Ihnen zum Thema Chiplets zu selten gestellt – und was wäre Ihre Antwort?

Eine Frage, die meiner Meinung nach zu selten gestellt wird: Was braucht es wirklich, damit Europa nicht nur mitläuft, sondern bei Chiplets Maßstäbe setzt? Die Antwort setzt sich aus mehreren Teilen zusammen und oft konzentrieren wir uns auf Technologien oder Fördergelder – aber der eigentliche Hebel liegt im Zusammenspiel von Kompetenzen, Strukturen und gemeinsamer Vision sowie Menschen und deren Ausbildung.

So brauchen wir in Europa deutlich mehr gut ausgebildete Fachkräfte – etwa die angesprochenen Frontend- und Backend-Designern, über Packaging-Experten bis hin zu Systemarchitekten, die Chiplets nicht nur verstehen, sondern auch beherrschen. Diese Talente müssen wir fördern, ausbilden und vernetzen – und zwar eng verzahnt mit der Industrie. Deshalb setzen wir in Heilbronn auch stark auf Kooperationen mit Hochschulen und auf den Aufbau eines Ökosystems, in dem Lernen, Entwickeln und Umsetzen Hand in Hand gehen.

Was außerdem fehlt, ist eine breitere industrielle Umsetzungskraft. Wir haben in Europa exzellente Forschung, aber wir müssen schneller darin werden, daraus tragfähige Produkte zu entwickeln. Dazu braucht es klare Verantwortlichkeiten, einen stärkeren Schulterschluss zwischen Unternehmen, Zulieferern, Start-ups und öffentlichen Akteuren. Und ganz konkret auch die Bereitschaft, offene Plattformen und gemeinsame Standards zu schaffen, anstatt in Einzellösungen zu denken.

Außerdem müssen wir erkennen, dass Chiplets keine Insellösung für das Auto sind, sondern ein technologischer Ansatz, der sich quer durch viele Zukunftsfelder zieht: Edge-Computing, Robotik, industrielle Automatisierung, Medizintechnik. Wer hier Plattformen schafft, die sich über mehrere Anwendungen hinweg skalieren lassen, verschafft sich einen echten strategischen Vorteil.

Die Architektur ist da; das Fundament liegt. Was wir jetzt brauchen, ist der Wille, in Europa ein Ökosystem zu formen, das nicht nur mitspielt, sondern gestaltet. Chiplets sind dafür ein idealer Kristallisationspunkt.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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